Dieser Artikel erschien in der MarktImpulse, Ausgabe 4/18
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Maler und Lackierer in ganz Deutschland setzen täglich Zeichen: mit jedem Pinselstrich für ihre Kunden, aber auch ganz besonders mit ihrem sozialen Engagement. Sie arbeiten ehrenamtlich für ihre Handwerkskammer und sind Vorsitzende von Prüfungsausschüssen. Davon profitiert nicht nur unsere Gesellschaft, sondern auch jeder, der sich einbringt.
"Viele Menschen versäumen das kleine Glück, während sie auf das große vergebens warten." Dieser schöne und wahre Satz der Schriftstellerin Pearl S. Buck trifft vermutlich auf einige Menschen zu, die dem Glück stets hinterherlaufen. Dabei liegt es in der Hand eines jeden Einzelnen, pure Zufriedenheit zu fühlen.
Wer etwa ehrenamtlich arbeitet, füllt nicht nur seinen Glücksspeicher auf, sondern wird auch nachweislich älter. "Glück entlastet das Immunsystem, wir sind gesünder und leben länger. Man kalkuliert mit fünf bis zehn Jahren mehr", erklärt Glücksforscher Karlheinz Ruckriegel von der Technischen Hochschule Nürnberg.
Wissenschaftler nennen drei Faktoren, die für das Glücksgefühl des Ehrenamts verantwortlich sind. Wer anderen Zeit schenkt, erlebt diese als besonders sinnvoll und empfindet sich als aktiven Menschen in unserer Welt. Ein weiterer Punkt: Die Zusammenarbeit mit anderen sympathischen Menschen fördert das Wohlbefinden. Drittens: Wer aktiv Prozesse gestaltet, erlebt die positiven Reaktionen derjenigen, die davon profitieren.
Das könnte ein Grund dafür sein, warum sich nahezu jeder zweite Bundesbürger ehrenamtlich betätigt. Das zumindest belegt die Studie "Ziviz-Survey 2017", die in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann Stiftung und dem Bundesbildungsministerium entstand. Gerade im Handwerk, und besonders bei Malern und Lackierern, hat das Ehrenamt lange Tradition.
"Handwerker engagieren sich seit Jahrzehnten mit viel Leidenschaft und Energie", weiß Lan Nina Pham, Ehrenamtsbeauftragte der Handwerkskammer Hamburg. Darunter sind auch viele Malermeister, die Zeichen setzen, indem sie – neben der Führung des eigenen Betriebs – ehrenamtlich für ihre Handwerkskammer arbeiten. Zum Beispiel als Vorsitzende von Prüfungsausschüssen, wo sie viel Freizeit investieren, um Kollegen zu fördern.
Das Engagement geht aber noch deutlich weiter: So gibt es Prüfer, die Flüchtlinge bei ihrer Ausbildung begleiten und sie bei der Anerkennung ihrer im Herkunftsland erworbenen Qualifikationen unterstützen.
Doch was treibt sie an, und warum sind sie glücklicher als Menschen, die sich nicht engagieren? "Freiwilliges Engagement ist essenziell, weil das Handwerk auf dem Prinzip der Selbstverwaltung aufgebaut ist. Die Glaubwürdigkeit ist einfach viel höher, wenn es Personen vom Fach sind, die wissen, wovon sie sprechen, und das Gesagte leben", sagt Lan Nina Pham. Sie fügt hinzu: "Ich kann nur bestätigen, dass Maler und auch andere Handwerker in ihrem Ehrenamt aufblühen."
Die 30-Jährige kümmert sich um die Handwerker, die durch wiederum ehrenamtliche Gremien der Handwerkskammer ausgesucht werden und einmal im Jahr vom Präsidenten für ihr besonderes Engagement mit der Goldenen und Silbernen Ehrennadel ausgezeichnet werden – oder gar, die höchste Würdigung, zum Ehrenmeister ernannt werden.
Etwa 1.500 Hamburger Handwerker engagieren sich ehrenamtlich. Dabei ist das Handwerk noch deutlich männlich dominiert: Etwa 80 Prozent der ehrenamtlichen Prüfer sind Männer. In der Gesellschaft zeigt sich insgesamt jedoch ein ausgewogenes Bild beim freiwilligen Engagement – Männer und Frauen sind im Ehrenamt nahezu gleich stark vertreten.
Die meisten Deutschen engagieren sich im sozialen Bereich, in der Gesundheitsversorgung, der Bildung, für Umwelt- oder Entwicklungsthemen. Dabei entwickeln und leben sie Werte wie Solidarität, Wertschätzung und Respekt. Eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) von 2015 ergab, dass Menschen, die sich schon in ihrer Jugendzeit ehrenamtlich engagieren, im Erwachsenenalter damit weitermachen.
Doch damit nicht genug: Sie neigen zu weniger riskantem Verhalten und entwickeln größeres Selbstvertrauen und mehr Verantwortungsbewusstsein, sie sind neugieriger und lernfähiger als jene, die passiv bleiben. Wer anderen hilft, verfügt zudem über ein stärkeres soziales Netz, das einen in Stresssituationen auffängt und sogar das Krankheitsrisiko verringert.
Eine bessere Gefühlsbilanz und eine höhere Zufriedenheit haben Menschen im Ehrenamt laut der OECD-Studie sowieso. Hier kann man seine Zeit sinnvoll nutzen – nicht fremdbestimmt, sondern wie man es selber möchte. Genau diese Motivationen bringen, so die Studie, auch die meisten Älteren dazu, sich ehrenamtlich zu engagieren: um etwas Nützliches zu tun, andere Leute zu treffen, gebraucht zu werden und fit zu bleiben.
Vielleicht finden sich deshalb am häufigsten Menschen vor dem Rentenalter im Ehrenamt: Rund 45 bis 48 Prozent von ihnen engagieren sich ehrenamtlich, ganz besonders aktiv ist die Generation der 50-Jährigen. Ein Sachverhalt, den die Ehrenamtsbeauftragte der Handwerkskammer Hamburg gut kennt: Denn das Durchschnittsalter der Freiwilligen in den Fortbildungsund Meisterprüfungsausschüssen liegt in Hamburg bei 51 Jahren.
"Wir sehen es als wichtige Aufgabe an, den Nachwuchs im Ehrenamt zu sichern, indem wir junge Menschen als ehrenamtliche Helfer gewinnen und langfristig binden", sagt Lan Nina Pham. "Die Handwerkskammer versucht natürlich immer, junge Menschen fürs Ehrenamt zu begeistern. Aber von dem Nachwuchs, der frischen Wind bringt, wünschen wir uns gerne ein noch deutlich stärkeres Engagement."
Schließlich gibt es jede Menge zu tun – zum Beispiel als Prüfer. Bei der diesjährigen Meisterprüfung der Hamburger Maler und Lackierer hat jeder Prüfer knapp 70 Stunden für die Prüfung aufwenden müssen. Doch einige Maler und Lackierer engagieren sich noch darüber hinaus. "Viele der Ehrenamtsträger arbeiten gleich in mehreren Ausschüssen. Thomas Rath ist dafür ein gutes Beispiel: Er ist sowohl Obermeister der Maler- und Lackiererinnung, Vorstandsmitglied der Handwerkskammer Hamburg, Mitglied der Vollversammlung und auch in diversen Kammerausschüssen tätig", berichtet Lan Nina Pham.
Zwar erhalten die Ehrenamtsträger eine geringe finanzielle Aufwandsentschädigung – die nach dem Bundessozialgericht (BSG) in der gesetzlichen Sozialversicherung grundsätzlich beitragsfrei ist –, aber darum geht es den Handwerkern nicht. Sie fühlen vielmehr eine tiefe Zufriedenheit dabei, anderen zu helfen. "Uns macht diese Motivation wirklich glücklich. Durch die jährliche Verleihung der Ehrennadeln können wir unseren Handwerkern etwas zurückgeben – und das ist ein richtig schönes Gefühl", so die Ehrenamtsbeauftragte.
Und die Geehrten stoßen manchmal sogar Türen in die Zukunft auf. Wie Siebdruckmeister Hellmuth Frey, Obermeister der Bundesinnung und der Hamburger Innung. Für sein wegweisendes Engagement wurde er mit der Ehrennadel in Silber ausgezeichnet. Frey wirkte maßgeblich daran mit, diesen traditionellen Beruf in die digitale Zukunft zu führen.
Seit 2011 können sich Nachwuchskräfte nun im neuen Ausbildungsberuf "Medientechnologe/-technologin Siebdruck" vielfältig spezialisieren, so wie Freys eigener Sohn: Christian Frey beendete seine Ausbildung sogar als 1. Bundessieger im Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks 2015.
Wenn Lan Nina Pham über ihre Handwerker im Ehrenamt spricht, schwingt viel Respekt und Bewunderung für die Arbeit mit: "Die Verleihung der Ehrennadeln ist nur eine kleine Geste, aber eine äußerst wichtige. Ohne die Ehrenamtsträger wäre vieles nicht möglich, und es gäbe nicht so viele glückliche Menschen. Nämlich die Menschen, die helfen, und die, denen geholfen wird."
Gesellenprüfungsausschuss
Der Gesellenprüfungsausschuss mit drei Mitgliedern entscheidet über die Zulassung von Auszubildenden zur Abschlussprüfung, beschließt die jeweiligen Aufgaben und kümmert sich um die sachgerechte Durchführung.
Meisterprüfungsausschuss
Im Unterschied zu den Gesellenprüfungsausschüssen bestehen Meisterprüfungsausschüsse immer aus fünf Mitgliedern. Neben den drei Fachbeisitzern gibt es einen "Spezialisten" für die rechtlichen, betriebswirtschaftlichen und berufspädagogischen Kenntnisse sowie einen nicht dem Gewerk zugehörigen, also neutralen Vorsitzenden.
Fortbildungsprüfungsausschuss
Die Handwerkskammer ist auch ordnungspolitisch verantwortlich und befugt, sonstige Fortbildungsprüfungsregelungen für das Handwerk zu erlassen. Auch für diese bestehen entsprechende Fortbildungsprüfungsausschüsse mit mindestens drei Mitgliedern, in denen Experten analog zu der Arbeit in den Meisterprüfungsausschüssen Prüfungen abnehmen.
Ausbildungsbotschafter
Die landesweite "Initiative Ausbildungsbotschafter" verfolgt das Ziel, Jugendliche für eine duale Ausbildung zu gewinnen. Auszubildende besuchen Schulklassen, berichten von ihren Erfahrungen und beantworten die Fragen der Schüler und Lehrer.