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Dieser Artikel erschien in der MarktImpulse 4/19
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Ihr Engagement für Umwelt und Gesellschaft bestimmt zunehmend, wie attraktiv Unternehmen auf Kunden und Mitarbeiter wirken. Andreas Steinert, Experte für Corporate Social Responsibility, erklärt den Zukunftstrend im Interview.
Frage: Herr Steinert, was bedeutet Engagement – also die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung, Umweltschutz und der Blick auf kulturelle Vielfalt – künftig für Malerbetriebe?
Andreas Steinert: Ethisch und moralisch sind Engagement und Nachhaltigkeit für Unternehmer auf jeden Fall gut und wichtig. Das Engagement muss jedoch zum Betriebsinhaber passen und auf ihn persönlich zugeschnitten sein. Nur so kann er sich glaubwürdig bei Kunden, Mitarbeitern und im sozialen Umfeld positionieren. Ökonomisch stellt sich eine Verbesserung der betrieblichen Lage durch Engagement nicht sofort ein. Langfristig aber können Maler damit ihr Image aufpolieren und sich eine stärkere Position im Wettbewerb um Kunden und Mitarbeiter sichern.
Frage: Weltweit legen 82 Prozent der Bewerber, die zwischen 1984 und 1996 geboren wurden, Wert darauf, dass Unternehmen sich sozial engagieren (s. Grafik). Ist gesellschaftlicher Einsatz künftig notwendig, um qualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen?
Steinert: Das wird zunehmend ein Faktor sein. Ausschlaggebend für die Wahl des Arbeitgebers ist zwar weiterhin, dass Führungskultur, Ausbildungsinhalte und Gehalt stimmen. Dann aber kommen weiche Faktoren wie soziales Engagement oder Nachhaltigkeit ins Spiel. Deshalb gehört zu einem modernen Auftritt heute auch ein nachhaltiges Geschäftsmodell.
Frage: Sind Kunden tatsächlich bereit, die Marke zu wechseln, wenn sich ein Unternehmen gesellschaftlich engagiert – und bereit, mehr für dessen Produkte zu zahlen?
Steinert: Wenn sich Malerfirmen sozial oder ökologisch engagieren, dann müssen sie diese Maßnahmen auf ihrer Website auch deutlich sichtbar machen. Kann ich mein Engagement nicht erklärbar präsentieren, dann wissen meine Kunden auch nicht, warum ich höhere Preise aufrufe als die Konkurrenz. Im Idealfall lässt sich auch ein Nutzen für den Kunden selbst darstellen, etwa bei umweltfreundlichen Farben oder einer klimafreundlichen Elektroflotte.
Frage: Sollten Unternehmer sich eher für Themen engagieren, die sie selbst interessieren, oder lieber strategisch vorgehen?
Steinert: Beides. Nehmen wir mal die Unterstützung eines lokalen Fußballklubs oder Karnevalsvereins – aus persönlicher Vorliebe. Wenn ich diese lokale Karte spiele, die meine Kunden im Umkreis möglicherweise interessiert, dann sollte sich genau das thematisch auf der Website wiederfinden. Schließlich fördert dieses Engagement den sozialen Zusammenhalt – und ist Ausdruck der eigenen Verbundenheit mit der Region.
Frage: Wie wichtig sind die Themen kulturelle Vielfalt und Integration?
Steinert: Wenn ich mich etwa zur Ausbildung von Migranten entschließe, dann muss ich mich als Betrieb klar positionieren und zu meiner Meinung stehen: für sozialen Zusammenhalt und Menschlichkeit – das ist ein politisches Statement. Und was gibt es Besseres für den Betrieb als leidenschaftliche Mitarbeiter, die für ihren Job alles geben, weil sie hier eine Chance sehen? Das gilt im Übrigen auch für die Integration von schwachen Schulabgängern.
Frage: Wann ist für Sie die Grenze erreicht, wo Engagement nur noch als Marketing-Vehikel benutzt wird?
Steinert: Ich fürchte, diese Grenze erreicht der Großteil der Malerbetriebe nicht. Die meisten haben gar keine Zeit, so stark die Werbetrommel zu rühren und plakative Selbstdarstellung zu betreiben. Das Einzige, was jeder auf seiner Onlineplattform vermeiden sollte: Dinge über Nachhaltigkeit oder soziales Engagement zu behaupten, die er oder sie gar nicht umgesetzt haben.
Frage: Sind Mitarbeiter, die auf betriebliches Engagement Wert legen, ein Gewinn fürs Unternehmen?
Steinert: Durchaus, denn sie suchen einen Sinn. Viele Menschen möchten einen Mehrwert neben der Arbeit sehen – und das kann die Betriebskultur positiv beeinflussen.
Umfragen zeigen, dass insbesondere die Generation der Millennials (geb. 1984–1996) großen Wert darauf legt, dass Unternehmen Verantwortung übernehmen.
(Quelle: Umfrage "The Future of Business Citizenship" der MSL Group unter 8.000 Millenials in 17 Ländern aus dem Jahr 2014)