Dieser Artikel erschien in der colore #bonbonrosa
Titelbild: @istockphoto_vejaa
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Seit einiger Zeit ist Rosa salonfähig. Was früher als Barbie- und Baby-Farbe verpönt war, ist jetzt allgegenwärtig. Bereits 2016 erklärte Pantone Rose Quartz zur Farbe des Jahres, und seither ist Pastellrosa überall. Andere Stimmen meinen gar, der Hype sei bereits 2014 im Nachgang von Wes Andersons pastelliger Filmtragikomödie "Grand Budapest Hotel" ausgebrochen. Den Film kann man deuten als Parabel auf eine zu gut situierte und doch verlorene Generation – eine Hommage an die Generation Y in Rosarot? Lässt sich so erklären, dass gerade diese Generation den neuen Farbton für sich annektiert hat?
Woher der rosa Rummel kommt? Man weiß es nicht – jedenfalls ist die Trendfarbe "Millennial Pink" seit einigen Jahren aus Kosmetik, Mode und Inneneinrichtung, schlicht dem Alltag, nicht mehr wegzudenken. Insbesondere in den Instagram- und Pinterest-Accounts der 18- bis 35-Jährigen, die als Millennials für den Namen Millennial Pink Pate standen, ist Rosa allgegenwärtig.
Wer im letzten Fünftel des letzten Jahrhunderts geboren wurde, verpasst seinen Fotos, seinen Klamotten, seinem ganzen Ich gern einen rosaroten Filter. Dieser besteht in einem Pastellton, der zwischen Pfirsich, Lachs und Rosé angesiedelt ist – frei von Blau, mit einem Hauch von Grau. Tut nicht richtig weh, ist recht anpassungsfähig, weich, likeable und vielleicht als Reaktion auf Krisenzeiten zu deuten?
Designer von Rang und Namen, von Prada bis Gucci, brachten in den letzten Jahren ihre Modelle im millennial-pinken Puderlook auf die Laufstege – 2016 war die Farbe auch auf der Milan Design Week ein besonderer Eyecatcher. Und sogar auf der Möbelmesse in Mailand war 2017 eines der meistgesehenen Sujets, "Le Refuge" von Marc Ange, ein in Millennial Pink, auch "Tumblr Pink" genannt, gehaltenes Bett mit einem Dach aus Palmblättern.
Und dann sind da noch die, die jenseits der Mode in der Farbe sogar einen Ausdruck des modernen Feminismus sehen, der sozusagen "Post-Gender" ist, keine Angst vor Stigmatisierung hat und sich traut, sich eine unauffällige Farbe auf die Fahne zu schreiben – die noch dazu von jungen Frauen und jungen Männern gleichermaßen getragen wird (die Farbe, nicht die Fahne ...).
Dabei ist der Farbton gar nicht so neu und in der Architektur durchaus schon vorgekommen. So fanden sich in den Entwürfen Frank Lloyd Wrights für das New Yorker Guggenheim Museum aus den 1930er-Jahren Skizzen für rosafarbene Vorschläge, die in seiner Taliesin-West-Palette Wright Shell Pink (Inspiration für das Museum war eine Nautilus-Muschel) und Wright Flesh Pink heißen. Und auch Ricardo Bofill gestaltete 1973 seinen Häuserblock "La Muralla Roja" in Calpe wunderbar rosarot.
Zunächst einmal: Es geht weiter mit Millennial Pink – Pantone hat zuletzt "Living Coral" zur Farbe des Jahres gekürt, was gar nicht so weit weg ist und sich ganz schmerzfrei ins millennial-pinke Lebensgefühl einfügt. Und in der Mode scheint ein helles Violett, Millennial Purple, die Nachfolge von Millennial Pink anzutreten. Mit Lila kann sich vielleicht auch die Generation X wieder stärker identifizieren. Und für alle, denen das alles zu lasch ist, setzt Pantone für Frühjahr und Sommer 2020 auf Scharlachrot und Safrangelb.