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Kontrast kommt vor Farbe

Fotos: Brillux

Dieser Artikel erschien in der MarktImpulse 1/20

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In einer früheren Gemeinschaftshauptschule am Rande von Meinerzhagen entstanden drei Wohngemeinschaften für ältere Menschen mit Demenz. Ein auf deren Bedürfnisse abgestimmtes Farbkonzept wurde vom Gelsenkirchener Malerbetrieb Torsten Kuczenski ausgeführt.

Man kann es natürlich auch so wie Herr und Frau Melzer machen. Das legendäre Rentnerpaar aus Loriots Komödie "Ödipussi" war an die monotone Gestaltung seiner Wohnung so gewöhnt, dass es sich für eine anstehende Renovierung allenfalls Farbtöne wie Mausgrau, Steingrau oder Aschgrau vorstellen konnte. Im weiter fortgeschrittenen Alter wäre das aber zu einem Problem geworden. Denn früher oder später sorgt die veränderte Sehfähigkeit bei jedem Menschen dafür, dass Farben, Muster und Oberflächenbeschaffenheit eingeschränkter wahrgenommen werden.

Grüne Farbakzente

Auf dunklem Boden wäre der Stuhl kaum zu erkennen. Dank der Kontraste finden sich die Bewohner gut zurecht

Matt-Optik Boden

Ein matter Boden vermittelt Trittsicherheit

Einfache Wandgestaltung in klaren Farben

Da Muster im Alter irritieren, sind die Wände einfach und in klaren Farben gestaltet

Obergeschoss der Wohngemeinschaft
Offener Innenraum
Steinboden, Treppe, Deckenspots

Die Minderung der Sehschärfe, eine schlechtere Kontrastwahrnehmung, der erhöhte Lichtbedarf und die Blendempfindlichkeit verunsichern und schränken ältere Menschen ein. Im Zuge der 2006 verabschiedeten UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist Barrierefreiheit auch zum Maßstab der Gesetzgebung geworden. Entsprechend wächst seither bei öffentlichen Einrichtungen und Trägern von Alten- und Pflegeheimen das Bewusstsein der visuellen Barrierefreiheit.

Farbdesign im Fokus

So auch bei der APD Ambulante Pflegedienste Gelsenkirchen GmbH: Nachdem einer ihrer Prokuristen ein Brillux Seminarzum Thema "Farbe erleben im Alter" besucht hatte, wandte sich die Firma an das Brillux Farbstudio Ruhrgebiet. Es galt, den Gebäudekomplex der im Sommer 2016 geschlossenen Gemeinschaftshauptschule in Meinerzhagen in ein "Quartier der Generationen" umzubauen. Um drei integrierte Wohngemeinschaften für Demenzkranke barrierefrei zu gestalten, stand Judith Engmann dem Projekt zur Seite. "Je früher man in die Planung miteinbezogen wird, desto besser", betont die Farbdesignerin. "In Meinerzhagen standen die Stoffe und Möbel der Gemeinschaftsräume zwar schon fest, die Auswahl des Bodenbelages aber zum Glück noch nicht", erinnert sich Engmann. So konnte sie erwirken, dass hier nur hellere Beläge ausgewählt wurden. Ein dunkler Stuhl sei eben auf dunklem Boden für viele Ältere kaum noch zu erkennen. "Damit sich die Bewohner zurechtfinden", betont die Farbdesignerin, "sind starke Helligkeitskontraste in der Gestaltung von Raumgrenzen und Informationen viel wichtiger als klar unterscheidbare Farben."

Neuland für den Malerbetrieb

Als nach manchem Probeanstrich vor Ort Engmanns Farbkonzept den Zuschlag erhielt, beauftragte das verantwortliche Architekturbüro IBC den Malerbetrieb Torsten Kuczenski mit der Ausführung. "Ich hatte schon einmal in der Demenzstation eines Wohnheims gearbeitet. Da muss man schon etwas sensibel für die Bewohner sein", erzählt Kuczenski. "In Meinerzhagen war das aber alles ein wenig anders." Der Auftrag war, einen entkernten und umgebauten Altbau für den Erstbezug herzurichten. Zudem war das spezielle Farbkonzept für den seit über zwanzig Jahren selbstständigen Malermeister eher Neuland. "Die unterschiedliche Wirkung von Farben war mir schon bewusst. Aber abgesehen von dem, was man so aus dem Umfeld über Schwierigkeiten im Alter hört, hatte ich zu dem Thema noch keinen Kontakt." Vor Ort war aber ohnehin vor allem das klassische Handwerk gefragt.

 

Torsten Kuczenski, Malerbetrieb Torsten Kuczenski

Der 1964 geborene Torsten Kuczenski hat sich 1998 als Malermeister selbstständig gemacht. Nach einiger Zeit wuchs die Arbeit ihm als Ein-Mann-Betrieb über den Kopf. Er einigte sich mit seinem Ausbildungsbetrieb auf eine schrittweise Übernahme der Angestellten, bis sein ehemaliger Chef 2000 in den Ruhestand ging und Kuczenski auch die restlichen Mitarbeiter samt Fuhrpark und Material übernahm. Mittlerweile beschäftigt er etwa 45 Mitarbeiter und derzeit fünf Auszubildende.

Website des Malerbetriebs Torsten Kuczenski

 

Zweieinhalb Jahre auf der Baustelle

Von Untergründen, die noch aus dem alten Bestand kamen, musste zum Teil der typische plastische und, wie in Schulen üblich, besonders strapazierfähige Anstrich mit Apfelsinenhautstruktur abgetragen werden. Nach Bedarf gespachtelt und grundiert wurden dann auch die zahlreichen Neueinbauten aus Beton. Inklusive der abschließenden Maler- und Tapezierarbeiten war Kuczenskis Betrieb damit zweieinhalb Jahre auf der Baustelle beschäftigt, mit vier, in Stoßzeiten mit bis zu zehn Mitarbeitern. Kuczenski blickt zufrieden auf diese Zeit zurück, aufgrund der guten Kommunikation zwischen den einzelnen Gewerken, aber auch weil das altersgerechte Farbkonzept auf ihn einen nachhaltigen Eindruck gemacht hat. "In meine Kundenberatung", versichert der Malermeister, "wird die Erfahrung mit dem Farbkonzept in Meinerzhagen sicherlich mit einfließen." Für die maus- oder staubgraue Einheitsgestaltung à la Loriot brechen offenbar schwierige Zeiten an.

 

Beteiligte und Services

Bauherr: APD Ambulante Pflegedienste Gelsenkirchen GmbH

Ausführender Betrieb: Malerbetrieb Torsten Kuczenski, Gelsenkirchen

Farbdesign: Judith Engmann, Brillux Farbstudio Ruhrgebiet

Verkaufsberater: Peter Umbreit, Brillux

Technischer Berater: Frank Komosinski, Brillux

 
 
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