Dieser Artikel erschien im Planquadrat, Ausgabe 2/18
Das Krankenhaus AUF DER BULT ist ein spezielles Kinder- und Jugendkrankenhaus mit mehr als 40.000 Patienten im Jahr. Es wurde in den 1970er-Jahren auf dem Gelände einer früheren Rennbahn in Hannover errichtet.
Für die zeitgemäße Sanierung und den damit einhergehenden Umbau wurde das Hannoveraner Architekturbüro Lohr | Architektur GmbH verpflichtet, das 2009 mit einer Zielplanung die Grundlagen für die heutigen Umbaumaßnahmen legte. Der erste von drei Bauabschnitten wurde im Herbst 2017 mit der Eröffnung des sanierten Bettenhauses abgeschlossen.
Für den Umbau wurde das vorhandene Bettenhaus vollständig entkernt, nachdem die Stationen in ein eigens errichtetes "Regiehaus" umgezogen waren, das auch für die weiteren Umbaumaßnahmen als Umzugshaus zur Verfügung steht und später flexibel genutzt werden kann. Die Neubauoption war durch eine Wirtschaftlichkeitsanalyse ausgeschlossen worden – sowohl aus Kostengründen, aber auch, weil die einzigartige Lage des Bettenhauses aus jedem Zimmer den Blick auf das angrenzende Naturschutzgebiet freigibt. Diese besondere Qualität wollten sowohl die Architekten als auch der Krankenhausträger unbedingt erhalten.
Das neue Stationskonzept wurde von den Architekten in einem partizipativen Prozess zusammen mit den Mitarbeitern entwickelt. Sowohl bei der Funktionsplanung als auch bei der Gestaltung wurden von Anfang an alle Beteiligten einbezogen. Dies gelang über Mitarbeitertage mit vielen Diskussionen und Feedbackaktionen zu den Farbentwürfen. Mit großem zeitlichen Aufwand konnte so eine starke Identifikation der Belegschaft mit der Gestaltung ihres neuen Arbeitsplatzes erreicht werden.
"Das Farbkonzept unterstützt das intuitive Verständnis der Organisation des Hauses und der Architektur innerhalb der Station. Es verbindet sich mit den prägenden Elementen der Innenarchitektur wie der Leitstelle zu einem Mittel einfacher Kommunikation und Orientierung sowie von hohem Wiedererkennungswert. Durch die große Wandelbarkeit innerhalb der Farbstimmungen jeder Ebene bildet die Gestaltung des Bettenhauses eine gute Grundlage für ein übergeordnetes Wegeleitsystem und zukünftige bauliche Maßnahmen in anderen Funktionsbereichen."
Katja Lohr-Tiltmann, Architektin, Lohr | Architektur GmbH, Hannover
Neben der baulichen Sanierung sollten die Stationen umorganisiert und die Patientenzimmer aufgewertet werden. Auf jeder der drei Ebenen des Bettenhauses wurden die ehemals drei Stationen zu einer betrieblichen Einheit zusammengefasst. Dafür wurde ein Lichthof im Bestand überbaut und an dieser Stelle eine zentrale Leitstelle platziert. Durch die Überbauung der alten Balkone konnte in den Patientenzimmern viel Fläche für die familienfreundliche Unterbringung von Begleitpersonen gewonnen werden. Ein multifunktionaler Aufenthaltsraum wird auch als Therapieraum oder als zusätzliches Patientenzimmer genutzt.
Für die ausreichende Ausleuchtung der großen Raumtiefen zogen die Architekten das Lichtplanungsbüro Studio DL aus Hildesheim hinzu. Mit einem einzigartigen Lichtkonzept, das für den deutschen Lichtdesign-Preis 2018 nominiert war, wurde die Kunstlichtsteuerung auf Basis des Human Centric Lighting dem Tageslichtverlauf nachempfunden und auf den menschlichen Tagesrhythmus abgestimmt. Durch die Veränderung von Lichtfarbe und Beleuchtungsstärke werden die Patienten morgens aktiviert und abends beruhigt.
Untersuchungsleuchten und ein farblich angepasstes Orientierungslicht sorgen für Funktionalität und Sicherheit zu jeder Tages- und Nachtzeit. Auch die Arbeitsräume sind im Lichtkonzept berücksichtigt: Durch Tages- und Nachtszenarien wirkt sich die Tageslichtsteuerung hier besonders bei Nachtarbeit positiv auf die Leistungsbereitschaft des Pflegepersonals aus. Die langen Flure sind über eine Lichtleiste in die Lichtsteuerung einbezogen. Hier können die kreisrunden Lichtdeckenelemente in der Leitstelle und vor dem Aufenthaltsraum zudem mit wechselnden Motiven bespielt werden.
Das Krankenhaus AUF DER BULT macht mit der kindgerechten Lern- und Erlebniswelt Kunterbult die Themen Kranksein und Krankenhaus für die Kinder und Jugendlichen positiv erlebbar. Dazu gehört auch eine Tierwelt, die für die Farbauswahl der Etagenfarben Pate stand. Nach deren Festlegung holten die Architekten für die Ausarbeitung des Farbkonzepts die Experten von Color Concept Lab wie auch die Lichtplaner von DL Studio mit ins Boot, denn Licht, Farbe, Raum und Material mussten eng aufeinander abgestimmt werden.
In einem Farbmasterplan wurden für die Stationen Farbprofile erstellt und ein pixelartiges Punkteraster entwickelt, mit dem das Farbkonzept durch eine grafische Komponente ergänzt wird. Die langen Flure werden durch die dynamische Staffelung der nach hinten intensiver werdenden Farbnuancen von Prallschutz und Flurwand optisch verkürzt. Gegenläufig dazu entwickeln sich die Punktedesigns zu einem gestalterischen Höhepunkt im Bereich des Aufenthaltsraums, der die funktionale Mitte eines jeden Flügels darstellt.
Der ausdrucksstarken und identitätsstiftenden Farbgestaltung der Flure stehen die Patientenzimmer mit ihrem ruhigen, wohnlichen Charakter entgegen. Die Zimmer nehmen sich gegenüber der intensiven Farbigkeit der Flurbereiche zurück und sehen auf allen Ebenen gleich aus. Einzig der farbige Punkt im Bodenbelag weist auf die Stationsfarbe hin. Wände und Boden sind farbig neutral, auch um die Ärzte bei der Begutachtung der Patienten nicht zu stören. An den Vorhängen und im Bad finden sich die Punkte wieder, die in einer Farbkaskade dezente Farbakzente setzen.
"Im Bettenhaus haben wir den 2K-Aqua Seidenmattlack 2388 zum ersten Mal eingesetzt. Mich haben besonders die leichte Verarbeitbarkeit, die Haftungseigenschaften und vor allem die Robustheit beeindruckt. Tatsächlich mussten wir prozentual wesentlich weniger Anstriche nachbearbeiten, als es sonst auf einer Baustelle üblich ist. Die schnelle Trocknung und Überarbeitbarkeit verschafft weitere Vorteile. So ist zum Beispiel das Abkleben einer lackierten Fläche viel früher möglich, was gerade in der Endphase einer Baustelle von Bedeutung sein kann."
Jens Rönick, Malerbetrieb Bosold, Küllstedt
In jedem Krankenhaus werden für den Einsatz von Reinigungs- und Desinfektionsmittel sehr hohe Anforderungen an die Beschichtung der Oberflächen gestellt. Das betrifft besonders solche Flächen, die zusätzlich zu der chemischen Belastung auch noch mechanisch stark beansprucht sind. Ständiges Berühren von verschwitzten Händen bei den Handläufen auf dem Stationsflur, aggressive Reinigungsmittel und kurze Reinigungsintervalle, Stöße vom Krankenbett an den Türen und Türzargen – in den hochfrequentierten Krankenhausbereichen müssen die Beschichtungen extrem widerstandsfähig sein.
Aus diesem Grund kam bei der Sanierung des Bettenhauses für die Beschichtung der 300 Zargen und Feuerschutztüren sowie der Handläufe im Treppenhaus eine der jüngsten Produktentwicklungen des Brillux Forschungs- und Entwicklungszentrums zum Einsatz: der 2K-Aqua Seidenmattlack 2388. Die tauchgrundierten Zargen wurden zwei Mal mit 2K-Aqua Seidenmattlack 2388 beschichtet, ebenso die pulvergrundierten Feuerschutztüren und die Handläufe.
Bei dem wasserbasierten Polyurethan-Acryllack verbinden sich zwei Komponenten zu einer neuartigen Hightech-Beschichtung. Durch die Vernetzung entstehen Oberflächen, die mechanisch und chemisch stark belastbar, abriebfest und kratzbeständig sind. Der 2K-Aqua Seidenmattlack 2388 ist vom Ausschuss zur gesundheitlichen Bewertung von Bauprodukten (AgBB) geprüft, weist eine geringe Geruchsbelastung auf und ist gegenüber Desinfektionsmitteln, Handschweiß, Cremes und Fett hochbeständig. Zudem ist die Beschichtung licht- und wetterbeständig, dekontaminierbar und für den indirekten Lebensmittelkontakt geeignet.
Vor der Finalisierung des Farbkonzepts waren aufwendige Bemusterungen notwendig, die auch schon im Leistungsverzeichnis aus geschrieben waren. Durch die tageslichtorientierte HCL-Steuerung musste die Farbwirkung unter den verschiedenen Tages- und Nachtszenarien überprüft werden. An einigen Stellen wurden dafür Teilbereiche vorausgebaut und dann mit Farbplatten und beschichteten Teilflächen bemustert. Die im Vorfeld ausgesuchte Pigmentierung der Anstriche musste danach teilweise angepasst werden.
An die Beschichtungen für die Flur- und Zimmerwände waren hohe Anforderungen gestellt: Hier kam die Innendispersion Superlux ELF 3000 von Brillux zum Einsatz, die für zusammenhängende, große Flächen bei problematischen Lichtverhältnissen, wie man sie in langen Gängen oder vor großen Fenstern findet, eine optimale Lösung bietet. So konnten auch die schwierigen Streiflichtsituationen unter den Lichtvouten im Flur gemeistert werden. Mit dem hohen Deckvermögen von Superlux ELF 3000 (Klasse 1 bei 7 m²/l) sowie einer Nassabriebbeständigkeit der Klasse 2 wurden die strukturlosen Wandflächen im Glanzgrad stumpfmatt realisiert.
Bei den intensiven Farbtönen auf den Flurwänden setzte der zur Beratung herangezogene Technische Berater Stephan Quarg von Brillux auf den sicheren Pigmentschutz von Vetrolux ELF 3100. Die matte Spezial-Innendispersion enthält hochtransparente Funktionsfüllstoffe. Diese schützen die Pigmente zuverlässig vor einer Beschädigung. Eventuell auftretende Schreibeffekt-Markierungen an der Oberfläche lassen sich ohne Poliereffekt weitgehend wieder entfernen.