Fotos: Daniel Elke
Dieser Artikel erschien in der MarktImpulse 2/20
Bestellen Sie die Printausgabe per E-Mail an: kontakt@brillux.de
Gewerbliche Aufträge übernimmt Vitali Leonov selten. Aber für gute Ideen macht der Malermeister und Raumgestalter gerne eine Ausnahme. So auch für das Kino von nebenan.
Kinosaal fünf riecht neu, noch ein wenig nach Farbe. Alexander Cyron, der das Kino mit einem Partner betreibt, knipst in Nummer fünf das Licht an. "Das ist eine komplett andere Welt, oder?" Es ist eine Feststellung, keine Frage. Die Wände hier sind nicht mit dunklem Stoff bespannt, wie in vielen Kinos. Das war keine Option für Cyron. "Ich hatte eine Idee", sagt er. Anfangs war da in seinem Kopf nur das vage Bild des Schwarz-Weiß-Klassikers "Die Brücke am Kwai" aus dem Jahr 1957: eine Eisenbahnbrücke, durch deren Stahlkonstruktion man die Bäume am Ufer sieht. Jetzt steht Cyron direkt vor ihnen: Hinter schmalen, grauen Streben, die winkelförmig angeordnet sind, um die Brücke zu symbolisieren, sind Schatten riesiger Bäume zu sehen. Geht im Kino das Licht an, leuchten LEDs hinter den Streben – so als würde Tageslicht durch die Pfeiler scheinen. Farbtupfer in dem Raum aus schwarz-weißen Schatten ist ein Sofa, auf dem sich Besucher direkt vor der Leinwand langmachen können. Es strahlt in knalligem Türkis. Darauf sitzt Malermeister Vitali Leonov und lächelt. Er hat Ende vergangenen Jahres die beiden neuen Kinosäle und ein Foyer gestaltet. Über die gelungenen Resultate freut er sich ebenso wie sein Auftraggeber.
Er ist einer der nettesten Chefs, die ich je hatte.
Maler und Raumausstatter Matthias hat bereits im Farbengroßhandel gearbeitet und verstärkt das Team seit März 2020
Diesem ist der Stolz anzumerken. Auf seine Idee, vor allem aber auf die kreative Zusammenarbeit mit dem Malerbetrieb Leon – Maler und Raumdesign. So ein Projekt umzusetzen, sei echte Teamarbeit, betont Cyron: "Mit Handwerkern, die bloß Aufträge abarbeiten, kann ich wenig anfangen. Ich brauche Leute, die meine Idee verstehen, sich auf sie einlassen und sich dafür begeistern. Vitali Leonov ist so einer", sagt der Kinobetreiber.
Die beiden Geschäftsmänner ergänzen sich. So sehr Alexander Cyron voller Ideen steckt, so wenig reizt es Vitali Leonov, meterweise Malervlies an Wände zu kleben. Aufträge für gewerbliche Kunden übernehme er aus diesem Grund selten, erklärt der 38-Jährige: "Da wird normalerweise hauptsächlich Weiß über große Flächen verteilt." Das neue Foyer im Kino war für Vitali Leonov eine willkommene Herausforderung. Der Malermeister greift Ideen nicht nur auf, er steuert gern welche bei. Das schätzen seine Kunden. Cyron sagt über Vitali Leonov: "Mit ihm kann ich etwas entwickeln, wie mit einem Freund, mit dem man sich ehrlich berät."
Zu Beginn seien seine Ideen oft etwas "neblig", gibt er zu. Wie im Foyer: "Da wollten wir zum einen eine coole Optik, zum anderen eine Art weiße Leinwand. Sonst wirken Kinos mit ihren Pappaufstellern und Werbeplakaten schnell zu bunt." Der Raum soll außerdem unterschiedlichen Zwecken dienen – Lesungen, Feiern, Mitarbeiterschulungen. Weiß und trotzdem besonders? Maler und Raumgestalter Vitali Leonov löste den Spagat mit Licht. Bis auf eine Wand, deren Tapete eine Mauer imitiert, sind alle anderen weiß. Oben hinter einer schwebenden Spanndecke befinden sich Leuchten, deren indirektes Licht sich farblich verändern und mischen lässt. So können Farben und Stimmung im Raum dem Anlass entsprechend wechseln, bei Betriebsfeiern erstrahlt er in den Firmenfarben.
Ohne meine Frau wäre ich heute nicht da, wo ich jetzt bin. Sie hat mich am meisten unterstützt.
Vitali Leonov, Inhaber Leon Maler und Raumdesign
"Schöne glatte Oberfläche, das ist der Malerbetrieb Leon." Cyron streicht über eine Wand. Er schätzt nicht nur Vitali Leonovs Einfallsreichtum, sondern auch die Verlässlichkeit und Sorgfalt des gesamten Malerteams. Drei Gesellen sind im Betrieb beschäftigt. Im alten Foyer des Kinos bessern sie gerade Türen und Wände aus. Während sie schleifen, grundieren und streichen, erzählt Geselle Matthias, dass er noch gar nicht so lange, erst seit diesem Frühjahr, für seinen Chef arbeite. Aber lange genug, um sagen zu können: "Er ist einer der nettesten Chefs, die ich je hatte." Außerdem sei er einer, der nicht "komisch gucke", wenn Kollegen nach Atemschutzmasken fragen, weil Arbeitsschutz im Unternehmen selbstverständlich ist.
Mit Vitali Leonov kann ich Ideen entwickeln, wie mit einem Freund, mit dem man sich ehrlich berät.
Alexander Cyron, Kinobesitzer
Vitali Leonovs Werkstatt liegt wenige Gehminuten vom Kino entfernt. Ihr ist ein heller, 100 Quadratmeter großer Verkaufsraum vorgelagert. Hier sind Spanndecken und Mustertafeln mit verschiedenen Anstrichen ausgestellt. Der große Präsentiertisch in der Mitte des Raumes ist mit Kunstrasen überspannt und mit Tapetenbüchern gefüllt. Marina Leonov arbeitet im Personalwesen eines großen Unternehmens in Ludwigshafen. Für den Malerbetrieb ihres Mannes erledigt die 34-Jährige die Buchhaltung, übernimmt Organisatorisches und wechselt sich mit Geselle Matthias bei der Kundenberatung im Verkaufsraum ab.
Dass ein Maler als Dienstleister auch verkauft? Mit dem Gedanken habe sie sich erst anfreunden müssen, sagt Marina Leonov. "Im Hunsrück, wo wir herkommen, ist vieles traditioneller." Das neue Konzept funktioniert: Seit der Eröffnung im vergangenen Herbst sind die Aufträge um etwa 30 Prozent gestiegen. Die Kunden fragen Spachteltechniken oder Strukturtapete nach. Hier im Verkaufsraum können sie nicht nur Farbpaletten in Augenschein nehmen, sondern auch Tapeten, Bodenbeläge oder Putze anfassen. Es sei wichtig, dass Leute eine Vorstellung davon bekommen, wie etwas wirkt, erklärt Vitali Leonov. "Manche Kunden haben Angst vor kräftigen Farbtönen." Dabei sei entscheidend, wie helle und dunkle Farben kombiniert würden. "Man muss es mit eigenen Augen sehen. So wie dort", sagt er und zeigt auf die rot-weiße Küchenzeile im Laden.
Seine Frau lacht und übersetzt: "Wenn ein Maler dunkel sagt, meint er nicht Schwarz oder Nachtblau, sondern kräftiges Rot." Marina Leonov denkt mit. Sie kann sich ausdrücken und kennt sich im Gewerk ihres Mannes aus. Ihre offene Art ist im direkten Kundenkontakt von Vorteil. "Man hat viele Interaktionen und muss auf Befindlichkeiten Rücksicht nehmen", sagt sie, "aber die Leute sind anschließend dankbar." Kombinationsmöglichkeiten zwischen Kundenwünschen, vorhandenem Untergrund und Produktpalette gibt es viele. Deshalb informiert sich Vitali Leonov gerne gründlich über jedes Material, mit dem er arbeitet. Er schätzt gute Beratung durch Hersteller. Schließlich sei er nicht nur der, der die Farbe wieder von der Wand holen müsse, wenn sie abblättert. Er sei auch derjenige, "der einen roten Kopf bekommen muss".
An Fassaden, die Vitali Leonov als "Visitenkarte des Malers" bezeichnet, weil jeder sie sieht, sei gute Qualität noch nach Jahren sichtbar – schlechte allerdings ebenfalls. Auch die Fassade von Alexander Cyrons privatem Haus wird Malerbetrieb Leon erneuern. Zur Ideenfindung kommt Cyron extra vorbei. Er ist gerne hier. Der Einfall, das Sofa in Kino fünf zum Hingucker zu machen, sei ihm dank eines kleinen, samtigen Sessels in strahlendem Türkis gekommen, in dem hier die Kunden Platz nehmen. "Ich kam zur Tür rein, sah den und dachte: cool." Welche Farbe die neue Hausfassade haben soll? Da bleibt Cyron, wie immer zu Beginn, sehr vage. Doch auch dieser Nebel wird sich, da ist er sich sicher, nach weiteren Beratungen mit Vitali Leonov bald lichten.
Vitali Leonov gründete seinen Malerbetrieb Leon 2014, machte 2015 den Meister und zog Anfang 2019 mit der Firma von Ludwigshafen ins Grünstädter Gewerbegebiet. Im September eröffnete er dort den Verkaufsraum. Zum größten Teil arbeitet die Firma für Privatkunden in Grünstadt und Umgebung, gestaltet Fassaden, Decken, Böden und Wände von Wohnungen oder Einfamilienhäusern. Die Stadt im Landkreis Bad Dürkheim hat 13.000 Einwohner und einige Neubaugebiete. Die A 6 ist nah, größere Städte wie Ludwigshafen oder Worms keine 20 Kilometer Luftlinie entfernt, auch in Mannheim und Kaiserslautern hat Vitali Leonov Kunden.