Dieser Artikel erschien in der MarktImpulse 1/20
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Nie von der Generation B gehört? Keine Sorge. Können Sie auch nicht – denn die haben wir kreiert. Für alle, die an traditionellen Werten festhalten – und dabei doch problemlos ein Smartphone bedienen können. Generation B steht symbolisch für sie und alle anderen Menschen, die sich in keine Kategorie drängen lassen wollen und auf Teamgeist setzen.
Wie halten Sie es denn so im Job? Leben Sie ausschließlich, um zu arbeiten? Sind Sie streng hierarchisch eingestellt, ehrgeizig, zuweilen zynisch und Ihr Team tanzt nach Ihrer Pfeife? Oder hängen Sie nonstop an Ihrem Smartphone wie an einem lebensnotwendigen Tropf, empfinden Arbeiten höchstens als Notwendigkeit und schätzen am meisten Ihre persönliche Freiheit? Wenn Sie sich jetzt bei keinem dieser Beispiele so richtig abgeholt fühlen – wunderbar. Diese beschriebenen Eigenschaften sind nämlich vor allem eines: Klischees. Schließlich ist nicht jeder Mensch aus der Nachkriegsgeneration im Job ein Tyrann und nicht jeder Mittzwanziger ein Digital-Junkie.
Dieses Schubladendenken hat aber auch etwas Gutes: Es kann helfen, Verständnis für die unterschiedlichen Altersgruppen aufzubringen – immerhin tummeln sich in vielen Handwerksbetrieben derzeit Menschen aus bis zu vier Generationen. Und das birgt Konfliktpotenzial. Keine Sorge, um zwischen allen Frieden zu stiften, müssen Sie nicht gleich einen Mediator engagieren. Der Hamburger Unternehmenscoach Frieder Barth weiß, wie Sie Ihre Mannschaft trotz unterschiedlichster Prägungen zusammenschweißen und welche Konflikte typischerweise in Handwerkerteams auftreten und gibt Tipps, wie Sie Missverständnisse auf der Baustelle, die auch aus mangelndem Verständnis füreinander entstehen, aufklären.
Unser Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen begründet sich, neben unserer angeborenen Persönlichkeit auch auf Ereignissen, wirtschaftlichen Begebenheiten und der Stimmung innerhalb der vergangenen Jahrzehnte. "Wir alle sind Kinder unserer eigenen Zeit", erklärt der Experte diese wissenschaftliche Einordnung in Schubladen. Hat ein Unternehmer das verinnerlicht, ist er in der Lage, seine Teams noch vorausschauender zusammenzustellen. Sie als Chef stammen vermutlich aus der Generation X, sind also irgendwo in den 40ern oder 50ern. Sie sind an der Spitze eine Idealbesetzung, denn Sie haben einen entscheidenden Vorteil: Sie sind das Bindeglied zwischen den Babyboomern, geprägt von Wirtschaftswunder und Woodstock, und der Generation Y, die den Internetboom live erlebte. Gleichzeitig haben Sie vielleicht durch Ihre Kinder, Neffen oder Enkel auch zur Generation Z einen guten Draht. Laut Frieder Barth beste Voraussetzungen, um ein Team aus verschiedenen Jahrgängen erfolgreich zu führen.
Bei aller Weitsicht: Auseinandersetzungen gibt es in jedem Betrieb, auch unter Gleichaltrigen. Aber vor allem zwischen den vor 1964 Geborenen und denjenigen, die Mitte der 90er Jahre auf die Welt kamen, tauchen häufig Missverständnisse auf. Sie wirken ab und an, dank ihrer verschiedenen Ansichten, als kämen sie von verschiedenen Planeten. Ältere Mitarbeiter werden beispielsweise besonders für ihre Erfahrung, ihre Arbeitsmoral, ihr Qualitätsbewusstsein und ihre Loyalität geschätzt, aber gleichzeitig kommen sie manchmal auch streng hierarchisch und sehr traditionell rüber. Die jüngeren Kollegen hingegen stehen nicht nur für Lernfähigkeit, visionäre Ideen, Teamfähigkeit und körperliche Belastbarkeit; sie haben zudem häufig den Ruf, ungeduldig, sprunghaft und vorlaut zu sein. Gemeinsam in einem Team kann diese Konstellation zum Brandherd oder zu einer Chance werden – es liegt an der ausgewogenen Mischung und der Kommunikation. Und die ist, laut Experte, Aufgabe der Unternehmer und Teamleiter. "Die 'Oldies' und die 'Youngster' profitieren nämlich erst voneinander", erklärt Barth, "wenn sie sich genau diese Stärken und auch die des anderen bewusst machen. Dies auf beiden Seiten zu erreichen, ist Chefsache."
Ein Konfliktklassiker: Der ältere Mitarbeiter, Uwe, ist seit drei Jahrzehnten Geselle im Betrieb. Er bekommt den jungen, frischgebackenen Gesellen Jan zur Seite gestellt.
Das Problem: Jan fühlt sich, als blicke Uwe auf ihn herab und maßregele ihn zu hart. Uwe hingegen fühlt sich von den Verbesserungsvorschlägen des Jüngeren und dessen forschem Ton überfahren.
Der Hintergrund: Uwe zeigt, so Frieder Barth, die typische Verhaltensweise eines Babyboomers: "Uwe wuchs in Zeiten mit großem Konkurrenzdruck auf. Es gab damals mehr Maler als Jobs. Er selbst ist in seiner Lehrzeit autoritär angeleitet worden. Er macht klare Ansagen, meint das jedoch nicht herablassend. Uwe ist es schlicht nicht gewöhnt, dass ein Jüngerer Anweisungen diskutiert." Jans Art ist charakteristisch für jemanden aus der Generation Z: "Für ihn bedeutet Arbeiten, sich zu engagieren sowie Althergebrachtes zu hinterfragen und gegebenenfalls zu optimieren", erklärt der Experte. "Auch er meint es gar nicht herablassend oder respektlos, kommt aber durch seine spontane Art so rüber."
Die Lösung: Kein Chef muss zum Generationsexperten werden. Es reicht, wenn Sie sich der unterschiedlichen Prägungen Ihrer Mitarbeiter bewusst sind. Frieder Barth fasst zusammen: "Sind Sie als Unternehmer fachlich kompetent und menschlich fit, sind Sie leicht in der Lage, festgefahrenes Verhalten bei Ihren Mitarbeitern aufzudecken und als Vermittler aufzutreten." Dazu gehört in erster Linie, dass Sie Ihre Erwartungshaltung an Ihre Mannschaft klar formulieren – und dass Sie nicht zögern, beherzt einzugreifen, wenn es Stress gibt. Denn der kommt in jedem noch so gut eingespielten Team vor. Grundsätzlich gilt, egal welcher Generation die Streithähne angehören: Der Ton macht die Musik. Und den vorzugeben – und vorzuleben – ist ebenfalls Sache des Chefs.
BABYBOOMER (geb. 1956 - 1964)
Sie wurden von Ereignissen wie Woodstock und dem Wirtschaftswunder ebenso stark geprägt wie von Traditionen und Hierarchien. Sie sind immer für ihr Team da, dafür erwarten sie absolutes Engagement. Eine typische Aussage lautet: "Leben, um zu arbeiten."
GENERATION X (geb. 1965 - 1980)
Sie erlebte den Mauerfall mit, tippte auf dem ersten Computer und "arbeitet, um zu leben". Ihre Mitglieder gelten als pragmatisch und vertrauenswürdig. Sie begannen, Autoritäten zu hinterfragen, und prägten den Begriff Work-Life-Balance.
GENERATION Y (geb. 1981 - 1994)
Auch Milleninals genannt. Sie erschütterten Ereignisse wie die Terroranschläge am 11. September 2001 und sie begleiteten den Internetboom. Sie zeichnen sich durch ein hohes Bildungsniveau aus und gelten als sogenannte Digital Natives – sie sind "24 Stunden online".
GENERATION Z (geb. nach 1994)
Sie genoss die Rundumversorgung der Eltern, gilt als ungeduldig, demonstriert gegen die Erderwärmung, switcht zwischen Mediakanälen jeglicher Art und schätzt Eigenverantwortung und Freiheit. Ihr Motto: "Leben und Arbeiten als fließender Prozess".
Zugegeben, mit einem Augenzwinkern gehen die als kollegiale Frotzelei durch. Werden diese Sätze aber häufiger oder sogar in Wut ausgesprochen, kann die Stimmung schnell mal kippen. Da ist der Chef gefragt ...
Macht Ihr Mitarbeiter vielleicht seit Monaten täglich das Gleiche? Unterforderung und Langeweile sind die häufigsten Gründe für Arbeitnehmer, sich nach einem neuen Job umzusehen. Geben Sie ihm die Möglichkeit, regelmäßig seine Lieblingstätigkeiten ausführen zu können. Neben mehr Motivation hat es noch einen weiteren Effekt: So entdecken Sie manch verborgenes Talent. Spezialisieren Sie Ihren Mitarbeiter. Das vergrößert Ihr Angebot – und bindet ihn an Ihr Unternehmen.
Kann es aber. Fehler kommen vor. Egal, ob ein Farbton nicht getroffen wurde, ein Eimer von der Leiter gekracht ist oder die falsche Wand gestrichen wurde. Was vielmehr nicht "passieren" sollte, ist dieser Satz. Setzen Sie stattdessen auf eine faire Fehlerkultur. Angst davor, etwas falsch zu machen, hemmt die Motivation, ganz nach dem Motto: Wer nichts macht, macht auch keine Fehler. Ergebnis: Die Produktivität Ihres Unternehmens sinkt.
Wie sollen die Kollegen so voneinander lernen? Es macht keinen Sinn, wenn nur einer das Hoheitswissen über anspruchsvollere Aufgaben hat. Fällt dieser aus, steht der Rest dumm da. Animieren Sie Ihre Teamleiter, die Kollegen einzubeziehen und anzuleiten. So können Sie jederzeit mischen, weil alle auf einem ähnlichen Niveau arbeiten können.
Solche Aussagen sind nur okay, wenn beide wirklich darüber lachen können. Tolerieren Sie keine Gerüchte, Ausgrenzungen, Intrigen und Beleidigungen. Das ist Mobbing, zerstört Ihre Unternehmenskultur und wirkt sich negativ auf Ihren Erfolg aus. Hier helfen Regeln, die sich die Kollegen – mit Ihrer Unterstützung als Vermittler – selbst auferlegen. Ein von allen gemeinsam formulierter Kodex stärkt den Zusammenhalt im Team.
Na ja, einer muss es ja tun. Aber es darf nicht ausschließlich der Azubi oder der Neue sein. Gilt in Ihrem Team stillschweigend das Motto: "Der Schwächste macht die Drecksarbeit"? Dann stellen Sie klare Regeln auf, wie z. B. einen wöchentlichen Turnus bei den unbeliebten Tätigkeiten. Und: Packen Sie immer mal wieder selbst mit an. Sind Sie ein Vorbild, entzieht das den Nörglern die Basis. So wird sich kein Kollege die Blöße geben, schwere Arbeit abzuwälzen. Im Gegenteil, es motiviert ihn, gleichzuziehen.
Ein Satz, der es in sich hat. Fällt er, herrscht im Team ein Hierarchieproblem. Einer fühlt sich gemaßregelt, übergangen oder überfordert. Führen Sie mit den Streithähnen Einzelgespräche in lockerer Atmosphäre. Hier gilt im ersten Schritt: keine Ansagen machen, sondern Fragen stellen. Erkundigen Sie sich nach dem Problem, nach Wünschen an den Teampartner und, ganz wichtig, wie dessen persönliche Vorstellung einer Lösung lautet. In den meisten Fällen reflektieren beide und das Problem löst sich.
Ein klarer Fall von Verteidigung. Besserwissertum, egal ob vom alten Hasen oder vom jungen Visionär, können Sie aushebeln, indem Sie eine Unterredung zu dritt führen. Fragen Sie offen nach der neuen Idee und eruieren Sie gemeinsam, ob sie Sinn ergibt. Machen Sie grundsätzlich klar, dass neue Vorschläge und Fachwissen immer willkommen sind. Sollte dieser Satz übrigens von Ihnen selbst gekommen sein: Verwenden Sie ihn nicht wieder. Ihre Mitarbeiter verdienen Vertrauen und die Freiheit, einen Weg zu finden, um das bestmögliche Ergebnis zu liefern.