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Dirk Ewering: der Richtigmacher

Fotos: Daniel Elke

Dieser Artikel erschien in der MarktImpulse 4/20

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Eine Prise Glück, eine Menge innovativer Unternehmensgeist und eine große Portion Leidenschaft fürs Handwerk: Mit dieser Kombination hat Dirk Ewering seinen 91 Jahre alten Familienbetrieb in ein off- und online erfolgreiches Unternehmen verwandelt.

Ssssssrrrrr. Ein Surren wie von einem Hummelschwarm erklingt vor dem Schreibtisch von Mandy Radojkovic, 25. Die Social-Media-Managerin des Malerbetriebs Ewering lässt gerade probeweise im Marketingbüro eine Drohne steigen, mit der sie später die Firmenfahrzeuge von oben filmen möchte. Neben ihr steht Dirk Ewering und bestaunt den Propellerschlag des Quadrocopters. "Ein tolles Teil", urteilt der 45-jährige Betriebsinhaber über die neue Errungenschaft seines Betriebs. Dass ein Malerbetrieb eine vierköpfige Marketingabteilung hat, ist ungewöhnlich. Und dass sich dieser dann sogar eine eigene Social-Media-Verantwortliche und das dazugehörige professionelle Equipment leistet, ebenso. Dass der Betrieb Ewering so aufgestellt ist, zeigt sehr gut das Selbstverständnis, mit dem man hier in Reken, im Norden Nordrhein-Westfalens, Projekte angeht. "Wenn wir was machen, dann machen wir es richtig", sagt Dirk Ewering.

 

Ewering GmbH

1929 von Franz Ewering gegründet, wurde das Unternehmen bereits in den 1950er-Jahren zusätzlich zu den ausführenden Malerarbeiten durch einen kleinen Verkaufsladen ergänzt. 1963 stieg Sohn Franz ins Geschäft ein. Er baute den Betrieb aus und erwarb zusätzliche Firmengebäude wie die Werkstatt. Mit seinem Sohn Dirk stieg 1997 die dritte Generation in den Betrieb ein; seit 2000 ist er alleiniger Geschäftsinhaber.

Website der Ewering GmbH

 

Aufwachsen im Handwerk

Und richtig macht der Betriebsinhaber und Malermeister schon seit 20 Jahren einiges. Im Jahr 2000 übernimmt er als 25-Jähriger den Familienbetrieb von seinem Vater Franz Ewering, der ihn wiederum 37 Jahre zuvor von seinem Vater und Gründer des Betriebs (ebenfalls ein Franz Ewering) übernahm. Die Begeisterung für das Malerhandwerk bekommt man bei den Ewerings von Geburt an mit: Gemeinsam mit seinen beiden sieben und neun Jahre älteren Brüdern wächst Dirk über dem Geschäft des Vaters in der Schulstraße auf, das bis zur Ausgliederung der Werkhalle 1992 Fachhandel und Werkstatt zugleich ist. "Ich bin jeden Tag durch den Laden gelaufen", erinnert sich der 45-Jährige.

 

Wenn wir was machen, dann machen wir es richtig.

Dirk Ewering, Geschäftsführer

 

Der Berufswunsch Maler steht für ihn – ebenso wie für seinen ältesten Bruder Frank, der heute ebenfalls mit einer Malermanufaktur ein eigenes Unternehmen hat – früh fest. Die Ausbildung absolviert Dirk Ewering im elterlichen Betrieb, sein anschließendes Volontariat in Mülheim an der Ruhr. Während er im Anschluss seinen Malermeister und Betriebswirt im Handwerk an der Handwerkskammer in Düsseldorf macht, erleidet sein Vater einen Infarkt im Auge, eine Durchblutungsstörung des Sehnervs, deren Ursache der eines Herzinfarkts ähnelt. Ein Warnsignal für den Chef, der, so erzählt es Sohn Dirk Ewering mit einem Grinsen, Mitarbeiter und Baustellen gern genau kontrolliert und am liebsten alles selbst erledigt.

Dirk Ewering steigt 1997 in den Betrieb ein. Als er ihn drei Jahre später in eine GmbH umwandelt, erklärt sein Vater, dass er nicht mehr mit in die Firma gehen, sondern aus der ersten Reihe zurück- und fortan kürzertreten wolle. Eine Zäsur: Mit 25 Jahren ist Ewering nun Geschäftsinhaber mit Verantwortung für 17 Mitarbeiter. "Das war schon okay", sagt er über diese Zeit. "Ich bin damit nie schlecht gefahren." Eine sehr westfälische Untertreibung: Aus den damals 17 sind heute 75 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in drei Betrieben an zwei Standorten in Reken und Berlin geworden.

Ziel: nicht zu groß werden

Eine Unternehmensgröße, die Dirk Ewering nie anstrebte: "Es war ein erklärtes Ziel von mir, nicht zu groß zu werden. Viele Betriebe, die sehr schnell groß geworden sind, sind nicht mehr da." Dass es dennoch so kam, ist ein Stück weit dem Zufall, den Entwicklungen des Marktes und dem innovativen Unternehmensgeist von Dirk Ewering geschuldet. Der Geschäftsinhaber erkennt die Bedürfnisse der Kunden – auch potenzieller – schnell und passt sein Angebot entsprechend an. So baute der Betrieb bereits vor 15 Jahren neben dem Fachmarkt einen dazugehörigen Onlineshop auf. "Unser Fachmarkt wurde weniger stark besucht und wir haben überlegt, wie wir unser gutes Personal weiter beschäftigen können."

 

Unsere Kunden wissen, dass wir jede Aussage, die wir treffen, auch halten.

Dirk Ewering, Geschäftsführer

 

Mittlerweile sind vier Mitarbeiter ausschließlich für die Onlineshops zuständig: Sie nehmen Bestellungen auf, packen Produkte aus dem 13.000 Artikel umfassenden Sortiment oder beantworten mithilfe ihrer Expertise Kundenanfragen aus dem Internet. Eine Win-win-Situation, nur wenige Onlineshops verfügen über so viel Know-how und bieten eine so professionelle Beratung. Die Bedürfnisse der Kunden analysiert Ewering auch in anderen Geschäftsfeldern seines Unternehmens und stellt, um sie zu erfüllen, seinen Betrieb entsprechend auf – und um: Weil verstärkt ganzheitliche Lösungen aus einer Hand gewünscht werden, bietet der Malerbetrieb Ewering heute für Kunden im Umkreis von bis zu 100 Kilometern das Rundumsorglos- Paket: Trockenausbau, Bodenbelag sowie Putz-, Spachtel- und Malerarbeiten.

Das Social-Team der Fa. Ewering

Marketing-Auszubildende Nele Wenninghoff und Social-Media-Managerin Mandy Radojkovic kümmern sich um die Darstellung des Betriebs auf den sozialen Plattformen Facebook und Instagram

Dirk Ewering mit einer Drohne

Stolz zeigt Firmenchef Dirk Ewering die neueste Errungenschaft im Werkzeugkasten seines Betriebs: eine Kameradrohne

Social-Media-Arbeit auf der Baustelle

In Zeiten des Fachkräftemangels will das Unternehmen auf Instagram nicht nur für sich selbst, sondern auch für den Malerberuf werben

iPad-Ansicht der Ewering-Onlineshops

In vier Onlineshops bietet die Firma Ewering über 13.000 Produkte an – von der Kindertapete bis zur Brillux Fassadenfarbe

 

Das Team, das ich habe, ist topausgebildet und supermotiviert.

Dirk Ewering, Geschäftsführer

 

Arbeitgeber für Hauptstädter

Auch der Aufbau des Standorts Berlin, 514 Kilometer Luftlinie von Reken entfernt, ist das Ergebnis von genauer Analyse der wirtschaftlichen Gegebenheiten: Als Dirk Ewerings Sandkastenfreund Ulrich Stuke, Architekt, einen passenden Maler für seinen Kunden, einen dänischen Investor mit 3.500 Mietwohnungen, sucht – nicht zu groß, nicht zu klein und gewissenhaft soll er sein –, bittet er den Malermeister, dessen Arbeitsweise ihm aus gemeinsamen Projekten gut vertraut ist, die westfälische Zuverlässigkeit doch auch in die Hauptstadt zu bringen. Ewering lehnt zunächst ab, zu abwegig erscheint der Metropolenstandort. Aus dem ersten "Auf gar keinen Fall" wird dann doch ein "Wir testen das mal".

Heute ist die Ewering Berlin GmbH mit zwanzig Mitarbeitern auf den Bereich Wohnungsund Leerwohnungssanierungen spezialisiert und hat mit dem "Ewering Asbest-Schleifverfahren nach BT 17.25" eine eigene, IFAzertifizierte Schleifmethode zum Abtragen von Asbest mit geringer Exposition. Mit dem Aufbau eines digitalen Kundendienstes für Hausverwalter, den er in Kooperation mit der Stuke Architekten GmbH seines Freundes Ulrich Stuke und dessen digitaler Plattform facilioo betreibt, hat sich der Rekener ein weiteres Standbein aufgebaut. Ein "krisensicheres, denn Schäden gibt es immer", wie Ewering weiß.

Mieter können mittels der cloudbasierten facilioo-App einen Schaden melden, der komplette Ablauf zwischen Hausverwaltung, Hausmeister und den Malern, Tischlern und Fliesenlegern von Ewering läuft dann digital ab. Auch wenn es bei der Vielfalt des Unternehmens so wirkt, ein Tausendsassa ist Ewering, der alle 14 Tage nach Berlin reist, um die Geschäfte dort zu steuern, nicht: "Wir machen nicht alles", betont der Unternehmer. "Das, was wir anbieten, das machen wir professionell. Unsere Kunden wissen, dass wir jede Aussage, die wir treffen, auch halten."

"Gigantische Mitarbeiter"

Es ist ein hoher Anspruch, den Ewering an sich und auch an die auszuführenden Arbeiten des Betriebs, der seinen Familiennamen trägt, stellt. Um dem gerecht zu werden, braucht es ein passendes Team. Seine Mitarbeiter seien "gigantisch", sagt der Unternehmer. "Das Team, das ich habe, ist topausgebildet und supermotiviert. Man merkt einfach, dass die Leute auch Bock drauf haben, sich bei uns weiter zu qualifizieren und zu lernen." Das bestätigt auch Malergeselle David Schumacher, der seit über zehn Jahren für Ewering arbeitet: "Unsere Stärke ist, dass wir niemals stehen bleiben. Es gab schon Momente, da dachte ich: Ach, du shitte, wie machen wir das? Aber wir probieren Sachen einfach aus, bilden uns weiter und nehmen immer weitere Bereiche mit auf: von Schimmelbekämpfung bis zu Bodenleitsystemen. Dieses Vorangehen, das mag ich hier sehr."

 

Wir probieren Sachen einfach aus, bilden uns weiter und nehmen immer weitere Bereiche mit auf [...]. Dieses Vorangehen, das mag ich hier sehr.

David Schumacher, Geselle

 

"Auf unsere sehr geringe Mitarbeiterfluktuation bin ich stolz", sagt der Chef. "Es gibt eine hohe Identifikation der Mitarbeiter mit dem Betrieb. Man merkt einfach, wie die mitziehen." Zum Dank für das große Engagement seiner Mitarbeiter chartert Ewering anlässlich des 90-jährigen Betriebsjubiläums einen Doppeldecker und lädt im Sommer 2019 alle zu einem Besuch in Berlin ein. Ein Erlebnis von dem die Kollegen auch ein Jahr später noch erzählen.

All diese unterschiedlichen Projekte in unterschiedlichen Geschäftszweigen – die Marketingabteilung berät etwa über den eigenen Betrieb hinaus auch heimische Unternehmen wie die regionale Bank bei ihrem Markenauftritt – funktionieren nur, weil Ewering seinen Mitarbeitern freie Hand lässt. Er kontrolliere zwar die Ergebnisse – und gibt auch hier durchaus seinen Perfektionismus zu –, aber nicht die Arbeit jedes Einzelnen und jeden Arbeitsschritt dahin: "Die Mitarbeiter sind zum Teil 40 Jahre bei uns, die wissen, was sie tun."

Neben seinen Mitarbeitern ist seine Frau Nicole, die den 1.000 Quadratmeter großen Fachmarkt leitet, Ewerings große Geheimwaffe bei der Bewältigung aller Aufgaben. Gemeinsam mit ihr bildet er seit über 20 Jahren ein sehr energiegeladenes Duo: "Ich kann nur so viele Dinge angehen, weil meine Frau mir total den Rücken freihält", betont der Geschäftsführer, der sich seine kleinen Auszeiten bei Mountainbike-Touren im nahegelegenen Naturpark Hohe Mark holt.

Das Ehepaar hat zwei Söhne. Während der 18-jährige Moritz noch zur Schule geht, lernt der 20-jährige Felix bereits das Malerhandwerk in einem, wie Ewering urteilt, "absolut erstklassigen" Malerbetrieb im 50 Kilometer entfernten Münster. Der Sohn wolle das Handwerk von der Pike auf lernen, erzählt der Vater. Ganz nach dem Familienmotto: "Wenn, dann richtig."

Kreativ und kampferprobt

Kreativ und kampferprobt

Mit nur 400 D-Mark auf dem Konto machte sich Thomas Kämpflein 1998 selbstständig. Heute führt er einen erfolgreichen Handwerksbetrieb in Montabaur.

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