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Buntes Chaos in der Banlieue

Titelfoto: Eugeni Pons

Dieser Artikel erschien in der colore 18 #himbeerrot

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Ein in verschiedenen Rottönen gehaltener Schulkomplex, der freigeistiges Lernen und Raum für persönliche Entfaltung zulässt: Der Schulbau in Colombes bringt viel Programm auf einer kleinen Grundfläche unter, dabei tragen die mit Beton und Holz kontrastierende expressive Farbwahl und die schiefen Winkel die Handschrift des Architekturbüros Dominique Coulon & Associés.

Grau, Himbeer- und Orangerot – und der freie Blick zum Himmelblau schaffen ein überraschendes Umfeld, das Lehrerkollegium und Schülerschaft immer wieder neue Sinneseindrücke ermöglicht. Die Nuancierung der Farbtöne wird durch Licht- und Schattenwirkung vervielfacht – ebenso durch die unterschiedlichen Stimmungen, die je nach Jahreszeit und Wetter entstehen.

  • <p><i>Foto: Eugeni Pons</i></p>

    Foto: Eugeni Pons

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    Foto: Eugeni Pons

 

Die Architektur des Simone-Veil-Schulkomplexes vermeidet jede Form von Wiederholung. Das Zusammenspiel von Licht, Materialien und Verkehrswegen erzeugt immer neue Mikroereignisse. All diese Aspekte kommen in einem fröhlichen vermeintlichen Chaos zusammen.

Foto: David Romero-Uzeda

 

In der Sporthalle entfaltet die Farbe ebenso wie in den Patios und Fluren ihre Wirkung: leuchtend, erweiternd, stimulierend. Körperliche Aktivität kann hier voll ausgelebt werden, Wettkampf, Punktestand und Aktionsvielfalt haben hier ihren ganz eigenen Rahmen. Zonierungen werden hier ganz automatisch durch Material- und Farbwechsel geschaffen.

  • <p><i>Foto: Eugeni Pons</i></p>

    Foto: Eugeni Pons

  • <p><i>Foto: Eugeni Pons</i></p>

    Foto: Eugeni Pons

  • <p><i>Foto: Guillaume Wittmann</i></p>

    Foto: Guillaume Wittmann

 

Der Charme, der aus Farbe und Raum erwächst: Himbeer- und Orangerot, raues Holz und glänzendes Glas – der Simone-Veil-Schulkomplex im französischen Colombes mutet ein wenig an wie ein Abenteuerspielplatz, ein Seeräuberschiff, eine willkürliche Komposition.

Aber weit gefehlt: Die kühne Form und die kräftigen Farben sind präzise, mit Kalkül und Einbeziehung des Standorts gewählt. Farbigkeit und Textur der Architektur erzeugen ein stimulierendes Umfeld für die Schul- und Vorschulkinder.

Die starken Farben wirken im Zusammenspiel miteinander und mit den tagesabhängigen Lichtstimmungen, sie formen die Räume, lassen sie gleichzeitig vielseitiger und subtiler erscheinen. Rustikales, grob gesägtes Holz, schwungvolle Auskragungen und Tupfer geradezu schäumender Farbe kreieren einen Ausdruck der Freude, der einen Kontrast zur Tristesse der Umgebung bildet.

Foto: Eugeni Pons

 

  • <p><i>Foto: Eugeni Pons</i></p>

    Foto: Eugeni Pons

  • <p><i>Foto: David Romero-Uzeda</i></p>

    Foto: David Romero-Uzeda

Das kompakte, fast quadratische Grundstück bietet Platz für eine Vorschule und eine Grundschule mit separaten Eingangsbereichen – für insgesamt 500 Kinder von 3–11 Jahren. Hinzu kommen Spielplätze im Freien sowie Raum für ein außerschulisches Studienzentrum und ein unabhängiges Fitnessstudio. Alles zusammen bildet ein "Ökodorf" inmitten der Industriestadt Colombes vor den Toren von Paris.

Der eng in das dichte Stadtgefüge eingebettete Komplex von 2015 bildet ein starkes strukturelles Element in der urbanen Umgebung. Das Gebäude erstreckt sich auf drei Ebenen und umfasst neben den Klassenräumen eine Sporthalle, eine Kantine, eine Bibliothek und außerschulische Kinderbetreuungseinrichtungen. Aus der Fassade gehöhlte Nischen in starken Farben reflektieren das Licht und sorgen gemeinsam mit den unkonventionell angelegten Verkehrswegen für Abwechslung. Mehrere Patios holen natürliches Licht in den Komplex.

Grundriss EG, Simone-Veil-Schulkomplex
Grundriss erste Etage
Grundriss zweite Etage
Grundriss dritte Etage
Schnitt des Simone-Veil-Schulkomplex
 

Thesen zu Dominique Coulons Arbeit

Dominique Coulon, geb. 1961, schloss 1989 sein Studium ab und eröffnete noch im selben Jahr sein eigenes Architekturbüro. In den Folgejahren gewann er zahlreiche Architekturpreise und wurde vielfach nominiert. In seiner Arbeit legt er ein besonderes Augenmerk auf nachhaltige Entwicklung und den Respekt für historische Kontexte. Neben seiner Tätigkeit als Architekt unterrichtet Dominique Coulon an der Ecole d'Architecture de Strasbourg, wo er das Master-Programm "Architektur und Komplexität" gründete. Heute arbeitet er im Büro Dominique Coulon & Associés in Straßburg mit Olivier Nicollas, Steve Letho Duclos und Benjamin Rocchi zusammen.

  • Arbeitsweise: Der Arbeitsprozess verläuft intuitiv und hängt stark vom Standort ab. Es gibt zwei Arten von Projekten: An einem neutralen Standort entsteht eine internalisierte Architektur als schützendes Gehäuse – oder an einem starken, prägenden Standort entsteht eine Architektur, die mit dieser Umgebung in Dialog tritt. Idealerweise sind wir als Architekten nicht an eine Methode gebunden, sondern nähern uns dem Thema auf verschiedenen Wegen – mit dem Ziel, Räume und Nutzungen immer wieder neu zu überdenken
  • Farbe: Farbe, kombiniert mit Volumen, macht es möglich, den Raum zu dekonstruieren und dem Nutzer neue Erfahrungen und Sichtweisen zu eröffnen. Jeder Besucher soll die Räume ganz individuell erleben, während er sich durch das jeweilige Gebäude bewegt.
  • Philosophie: Der erste Blick auf ein Gebäude sollte nicht zu viel verraten – es gilt, den Moment der Entdeckung zu bewahren, den Besucher zu überraschen, also Räume zu generieren, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln immer wieder unerwarteten Genuss versprechen.
  • Material: Es ist großartig, mit neuen Materialien zu experimentieren – ein Schwerpunkt liegt dabei immer auf der Schaffung von sowohl visuellen als auch körperlichen Empfindungen.
  • Nachhaltigkeit: Nachhaltigkeit ist extrem wichtig. Die neuen Schulkomplexe in Colombes und Montpellier produzieren mehr Energie, als sie verbrauchen. Das Gebäude in Colombes ist Teil eines Ökodorfes, wo unbehandeltes Holz zum Einsatz kam.
 
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