Dieser Artikel erschien in der MarktImpulse, Ausgabe 4/18
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Fotos: Getty Images, Christian Schittich, shutterstock.com, Imago, Mauritius Images, The Highline Park New York, Dreamstime.com, Alamy Stock Foto, Wikimedia
Was haben eine Kristallpyramide in Paris, ein kantiger Meteorit in Porto und eine gigantische Welle in Lausanne gemeinsam? Sie alle gelten als Gebäude, die dank ihrer Form und ihrer Bauweise die Architektur unserer globalen Welt maßgeblich geprägt und damit Zeichen gesetzt haben. Das Buch des Architekten und Autors Christian Schittich stellt einige herausragende Beispiele vor.
Es gibt keine Wände, ebenso hört der Raum nirgendwo auf.
(Kazuyo Sejima, Architekt)
Das Rolex Learning Center liegt direkt am Genfer See auf dem Campus der Universitätsbibliothek, inmitten nüchterner Verwaltungsbauten und Forschungslabors. Seine futuristische Bauweise schafft ohne Türen oder andere Barrieren einen Ort, der Werte wie Offenheit, Transparenz und Miteinander symbolisiert. So entstand ein welliges Bauwerk, das, betrachtet man es von der Seite, wie ein schwebendes Sandwich mit gläserner Füllung anmutet.
Außen bunt, innen rund: Die Fassade des Ørestad-Gymnasiums erinnert an einen etwas zu groß geratenen Buntstiftkasten – dank der beweglichen Lamellen kann das Gebäude seine Außenfarbe verändern.
Das Innere der Schule besteht aus einem einzigen lichtdurchfluteten und in alle Richtungen fließenden Raum, der von einer Wendeltreppe durchzogen wird. Von ihr ausgehend winden sich die bumerangförmigen Ebenen geschossweise nach oben.
So entsteht Transparenz, die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit werden aufgehoben. Lounges auf den zylinderförmigen Auditorien und Glaswände bilden offene Gruppenbereiche, was Frontalunterricht nahezu ausschließt und die Eigenverantwortung fördert. Die großzügige Architektur ist zudem platzsparend: Der Flächenbedarf pro Kopf ist geringer als bei herkömmlichen Konzepten.
Wer über die Gehsteige New Yorks spaziert, will Trubel. Wer durch den Central Park flaniert, will der Stadt entfliehen. Wer jedoch auf der 2,5 Kilometer langen High Line wandert, will genießen.
"Als wir dort das erste Mal entlangliefen, auf einem Pfad, der sich durch Gestrüpp und Gras schlängelte, offenbarte sich uns die alte Bahntrasse mit ihrem wilden Charme", erklärt Architekt Ricardo Scofido seine Leidenschaft für das Objekt. Sein Ziel war es, den Charakter dieser von der Natur eroberten Industrielandschaft zu erhalten.
Mit Erfolg: Wo einst mit Schlachtfleisch beladene Güterzüge rollten, wechseln sich heute Beete mit Petunien, ruhige Nischen und Aussichtspunkte mit Blick auf die West Side Manhattans ab.
Ein Aufschrei des Entsetzens ging 1985 durch das Land: Ein derart futuristisches Gebilde zwischen den altehrwürdigen Gemäuern des Louvre?
Dem damaligen Präsidenten François Mitterand wurde sogar vorgeworfen, sich selbst für einen Pharao zu halten, weil er den Bau des Glaskristalls durch den chinesisch-amerikanischen Architekten Ieoh Ming Pei angekündigt hatte, ohne zuvor einen Wettbewerb ausgeschrieben zu haben.
Seit seinem Umbau gleicht der Louvre einem Eisberg: Die transparente Spitze bringt Licht in das weit größere Bauwerk, das sich unter der Erde verbirgt. Mittlerweile ist die Pyramide nicht nur zum Symbol des Louvre, sondern auch zu einem beliebten Wahrzeichen avanciert – sogar und vor allem bei den Franzosen.
Der Gang durch das Konzerthaus wird zum faszinierenden Architekturerlebnis.
(Christian Schittich, Autor und Architekt)
Wie ein Meteorit liegt die Casa da Música auf dem Platz "Rotunda da Boavista" zwischen heruntergekommenen kleinen Häusern nordwestlich der Altstadt von Porto.
Während sich das Gebäude nach außen als kristalliner Körper aus weißem Sichtbeton zeigt, ordnen sich im Inneren rechtwinklige Räume wie Boxen auf- und nebeneinander; hier finden Konzerte unterschiedlichster Musikrichtungen statt.
Das Zusammentreffen von hypermodernen und traditionellen Baustoffen sorgt innen für Abwechslung und Überraschungen: Treppenstufen sind aluminiumverkleidet, perforierte Metallflächen oder Blattgoldornamente auf rohen Holzplatten verzieren Wände – und in einigen Räumen wurden handbemalte Kacheln verlegt.
Christian Schittich:
"Gebäude, die Zeichen setzen – ein Blick auf drei Jahrzehnte Architektur"
Erschienen bei Edition Detail; 49,90 €