Kunst und Kultur in einem Haus vereint
Standort Braugasse 1, 02977 Hoyerswerda
Bauherr Stadtverwaltung, Hoyerswerda
Planung lienig & baumeister architekten, Hoyerswerda
Ausführung Bauunternehmen Sprenger GmbH, Massen-Niederlausitz; Maler- und Lackierermeister Michael Zschieschang, Ralbitz-Rosenthal und Maler- und Bodenlegerfachbetrieb Norbert Korch, Ralbitz-Rosenthal
Das spätklassizistische Ballhaus im Herzen von Hoyerswerda, zentral gelegen zwischen Rathaus und Schloss, hat viele Zeitenwandel erlebt. Schon 1912 gründete sich hier der Dachverband Domowina, der Bund Lausitzer Sorben, in den zwanziger Jahren legte Computervater Konrad Zuse im einlogierten Reform-Realgymnasium sein Abitur ab. Von der Tanz- und Versammlungshalle zur Oberschule, vom Pionierhaus zum Jugendtreff; ein Bau also, mit dem viele Bürgerinnen und Bürger in Hoyerswerda eine eigene Geschichte verbinden.
Kurz vor der Jahrtausendwende wurde das baufällige Haus, das immer der Öffentlichkeit gedient hatte, schließlich stillgelegt. Die soziokulturell arbeitende Kulturfabrik musste sich auf eine lange Interimszeit an anderen Orten einstellen. Doch mit langem Atem und regem Durchhaltevermögen gelang es den damaligen Akteuren, die Stadt als Bauherrin von der Notwendigkeit eines Bürgerzentrums mit generationsübergreifenden Angeboten inmitten der Altstadt zu überzeugen. Für Architektin Dorit Baumeister sind Kunst und Kultur der stärkste Antrieb, um Bewohnern einer Stadt, die seit der Wende durch Halbierung der Bevölkerung in rasantem Umbruch ist, eigenständige Identität und Zugehörigkeit durch aktive Teilhabe zu vermitteln.
Das architektonische Konzept des neuen Bürgerzentrums sah zum einen die denkmalgerechte Sanierung des historischen Ballhauses vor. Trotz maroder Bausubstanz gelang es, die Holzbalkendecke im Erdgeschoss zu erhalten. Die Decke, die den weit gespannten Ballsaal trägt, musste komplett durch eine Stahlbetonkonstruktion ersetzt werden. Schwere Schallschutzfenster, die letztlich den Anforderungen des Denkmalschutzes standhielten, brachten die Fassade statisch bis an die Grenzen. Der ehemalige Ballsaal, in hellem Grau gehalten, sollte trotz Ausstattung mit modernster Technik in seiner Anmutung dem historischen Vorbild entsprechen. Zusätzlich glückte es, den Hohlraum über dem Saal als Probebühne auszubauen. Schon immer war der große Saal durch eine externe Treppenanlage erschlossen worden. Die nötigen Zugänge integrierte die Architektin nun in ein Erschließungsgebäude, das sich mit seiner kontrastierenden Glasfassade Richtung Schloss erstreckt. Das zeitgemäße Foyer entspricht fast der Fläche des Traditionsbaus, hält sich aber in seiner Höhenentwicklung dezent zurück.
Ein quer liegender Werkstattriegel mit weißer Putzfassade und kongenialer Fensteranordnung, die stets variierenden Lichteinfall bringt, komplettiert das Ensemble. Insgesamt umfasst das Raumprogramm Café, Touristenbüro, Werkstätten, Medien- und Schulungsräume, Theater- und Konzertsaal. Unter Trägerschaft der Kulturfabrik und aktiver Ehrenamtlicher bietet es über 40 Initiativen und Vereinen Platz. Die Architekten öffneten die hellen Räume nicht nur nach außen, sondern auch zum angrenzenden Eingangsfoyer hin und sorgen für spannende Transparenz zwischen allen Bereichen. Philosophisch betrachtet vereint das Bürgerzentrum an der Braugasse Offenheit und Toleranz unter Wahrung seiner baukulturellen Geschichte. Sandfarbene Oberflächen und zartes Grau betonen den Bestand. Im Innern der Neubauten bildet das Weiß der Wände im Kontrast zu schwarzen Bauteilen als skulpturale Raumplastik eine Plattform für jede kreative Betätigung.