Fotos: Brillux
Die Welt, in der wir leben, ist eine Welt des Sehens. Fast 80 Prozent aller Informationen nehmen wir mit den Augen auf. Wenn sich die Sehkraft aus unterschiedlichsten Gründen vermindert – und das wird sie spätestens im Alter zunehmend und unaufhaltsam –, wird die Selbstständigkeit der Betroffenen automatisch gravierend eingeschränkt. Die Relevanz visueller Barrierefreiheit steht damit außer Frage und zieht in allen öffentlichen Gebäuden ein Umdenken mit sich. Die Bedürfnisse von Blinden und Seheingeschränkten spielen seit 2009 in der DIN 18040 und 32975 eine wichtige Rolle.
Es geht darum, nicht nur Herkömmliches an die im Sehen eingeschränkte Nutzer anzupassen, sondern von Beginn an so zu planen und zu gestalten, dass die Bauten für betroffene Menschen ohne fremde Hilfe nutzbar, für alle komfortabel und damit nachhaltig sind. Dies gilt für Einrichtungen des Kultur- und Bildungswesens – also Museen, Theater, Kindergärten und Schulen – genauso wie für Einrichtungen des Gesundheitswesens, Senioreneinrichtungen, Verwaltungs- und Gerichtsgebäude, Verkaufs- und Gaststätten, Sport- und Freizeitstätten uvm.
Infolge der Veränderung des Auges kommt es mit zunehmendem Alter nicht nur zu einer stetigen und unaufhaltsamen Einschränkung der Sehfähigkeit, sondern vor allem zu einer veränderten visuellen Wahrnehmung. Symptome, wie z. B. Sehfeldeinschränkungen, Blendempfindlichkeit und eine sich verändernde Wahrnehmung von Farben und Kontrasten, machen ein diesbezügliches Umdenken im Umgang in öffentlichen Gebäuden notwendig. Mehr als 83% aller blinden und sehbehinderten Menschen sind über 50 Jahre alt, mit deutlicher Tendenz, dass die Einschränkung immer häufiger im jüngeren Alter beginnt.
Darüber hinaus ist eine auf den ersten Blick sichtbare und eindeutige Raumorganisation für jeden angenehm – auch für Menschen ohne Einschränkung. Visuelle Barrierefreiheit betrifft neben funktionierenden Wege-Leit-Systemen sowohl die Farbigkeit und Blendfreiheit von Wänden, Decken, Böden und Lichtquellen als auch die Farbigkeit und Materialität von Türen, Zargen, Fenstern, Säulen und Zonierungen sowie inneren Erschließungen.
Die Herausforderung für Planer: die Entwicklung einer neuen, nicht ausgrenzenden Raum-Ästhetik mit maximaler Erkennbarkeit aller raumwirkenden Elemente für alle Nutzer.
Prognosen besagen: Im Jahr 2030 werden in Deutschland ca. 52 Mio. Menschen Probleme mit den Augen haben (62% der Gesamtbevölkerung) und davon werden ca. 17 Mio. (20%) an Augenkrankheiten leiden, die zur Erblindung führen.
Weitere Infos zu Augenkrankheiten mit Sehbehinderungssimulation
Die gestalterischen Vorgaben, die durch die 2010 in Kraft getretene DIN 18040-1 zur visuellen Barrierefreiheit formuliert werden, erfordern von Architekten und Planern ein neues Gestaltungsbewusstsein. Sind heute homogene Flächenbündigkeiten, minimalistische Konzepte, ganzheitliche Ton-in-Ton-Farbplanungen anerkannt und häufig gewünscht und gewollt, wird der Fokus künftig auf Kontraste gerichtet sein müssen.
Wenn bisher Raumgrenzen aufgelöst, Türen, Griffe und Säulen in den Hintergrund gestaltet wurden, so besagt die DIN zur visuellen Barrierefreiheit, eben diese zu betonen – Türen, Zargen und Konturen deutlich zu markieren, Böden von Wänden in ausreichendem Kontrast zu trennen und Barrieren wie Säulen stark kenntlich zu machen.
Brillux hilft Ihnen, die Auflagen zu erfüllen und frühzeitig mit Beginn der Planung von öffentlichen Gebäuden die Farbkonzeption mitzudenken. Berechnen Sie die entsprechend geforderten Kontrastwerte für Ihr individuelles Farbkonzept mit dem Brillux Kontrastrechner und lassen Sie sich in der Brillux Akademie beraten und schulen.
Für jeden Farbton kann man den Hellbezugswert (HBW) ermitteln. Dieser gibt die Helligkeit einer Körperfarbe ohne Berücksichtigung von Beleuchtung, Reflexion, Glanzgrad oder Struktur an und beschreibt den Anteil des auf eine Oberfläche auftreffenden sichtbaren Lichts, der von dieser Oberfläche reflektiert wird. Helle Töne verfügen über hohe Werte, dunkle Töne über niedrige Werte.
(Trennung wichtig!)
Dagegen hängt die messbare Leuchtdichte neben der Beleuchtungsstärke und dem Einstrahlwinkel des Lichts auch vom Reflexionsgrad des Materials bzw. der Oberflächenstruktur und -beschaffenheit ab; somit wird auch die Beleuchtung des Raums mit eingemessen, was bei den HBW gänzlich ausgeschlossen ist.
Als Leuchtdichtekontrast wird der vom menschlichen Auge wahrgenommene Helligkeitsunterschied zweier benachbarter farbiger Flächen bezeichnet. Anhand dieses Wertes kann festgestellt werden, ob es sich um eine kontrastreiche Raumgestaltung handelt, wie sie von der DIN 32975 gefordert wird. Da die Forderungen dieser Norm auch in die DIN 18040 übernommen wurden, gelten sie auch für alle öffentlichen Bauten.
Um Kontraste gut wahrnehmen zu können, ist u. a. eine angemessene Beleuchtung erforderlich. Ebenso wie zu geringe Beleuchtung kann eine zu intensive Beleuchtung (Blendung oder spiegelnde Reflexion) dazu führen, dass physikalische Kontraste vom Betrachter nicht entsprechend aufgenommen werden können. Glänzende Oberflächen erzeugen u. a. durch eine auf sie gerichtete Beleuchtung erhebliche Kontrastminderungen oder Blendungswirkungen, die die Informationsaufnahme beeinträchtigen oder gar unmöglich machen.
Eine exakte Kontrastbestimmung kann nur mit sogenannten Leuchtdichte-Messgeräten erfolgen, da nur diese auch Struktur, Glanzgrad bzw. Reflexion und Beleuchtung berücksichtigen. Errechnen lässt sich der Wert mit der sogenannten Michelson-Formel.
Die DIN 32975 "Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum zur barrierefreien Nutzung" fordert einen Mindestkontrastwert von ≥ 0,4, mit dem sich beispielsweise Handläufe, Orientierungs- und Leitflächen sowie Bodenmarkierungen von ihrer Umgebung abheben müssen. Das bedeutet, dass dieser Kontrast auch zwischen Wand und Boden eingehalten werden sollte, um die Erkennbarkeit der Raumgrenzen zu gewährleisten.
Für die Kennzeichnung von Bedienelementen an Hilfs- und Notrufeinrichtungen, die Markierung von Hindernissen und Absperrungen sowie für die Darstellung von Informationen, bestehend aus Schrift- und Bildzeichen, wie z. B. Schilder oder Informationstafeln, wird ein Kontrast von mindestens ≥ 0,7 gefordert.
Geht man von matten, unstrukturierten Oberflächen und ausreichender gleichmäßiger und blendfreier Beleuchtung aus, kann man mit dem Brillux Kontrastrechner auf Basis der Hellbezugswerte näherungsweise schnell den vorhandenen visuellen Kontrastwert oder den nötigen Hellbezugswert der zweiten Farbe ermitteln.
Kontrast berechnen: Vergleichen Sie zwei Scala-Farbwerte und lassen Sie sich berechnen, ob der Kontrast den Anforderungen genügt.
Hellbezugswert ermitteln: Von einem Ausgangsfarbton gelangen Sie anhand des gewünschten Kontrasts zum benötigten Hellbezugswert einer zweiten Farbe. Mit dem Brillux Color Diamond lässt sich schnell und sicher ein Farbton und sein Hellbezugswert ermitteln.
*Hinweis: Der auf Basis der Hellbezugswerte errechnete Wert stellt keine exakte Messung dar, sondern liefert nur einen Näherungswert. Lt. Den Kommentaren zur DIN sollte man daher sicherheitshalber einen Kontrast-Korrekturwert von 0,1 einrechnen, d.h. statt dem geforderten Kontrast von 0,4 einen Kontrast von 0,5 einplanen.
Eine kontrastreiche Gestaltung von Räumen beeinflusst entscheidend die Orientierungsmöglichkeit in Gebäuden und Räumen. Kontrastarme Räume verunsichern und Menschen mit Sehschwächen verlieren leicht die Orientierung.
„Eine der Voraussetzungen für die Orientierung im Innenbereich ist eine klare Erkennbarkeit der Raumgrenzen. Dies kann beispielsweise durch die kontrastreiche Gestaltung der Fußböden und Wände oder durch eine markante Gestaltung der Fußleisten oder Türzargen erreicht werden.“ fordert die DIN 18040. Wände und Böden sollen durch eine kontrastierende Gestaltung unterscheidbar sein.
[...] Zugangs- und Eingangsbereiche müssen leicht auffindbar und barrierefrei erreichbar sein… für sehbehinderte Menschen z. B. durch eine visuell kontrastierende Gestaltung des Eingangsbereichs …
[...] Türen müssen deutlich wahrnehmbar sein …
[...] Für sehbehinderte Menschen müssen die Elemente der Treppe leicht erkennbar sein. Das wird z. B. erreicht mit Stufenmarkierungen. Handläufe müssen sich visuell kontrastierend vom Hintergrund abheben. Handläufe sollten taktile Informationen zur Orientierung erhalten.
[...] Informationen für die Gebäudenutzung, die warnen, der Orientierung dienen oder leiten sollen, müssen auch für Menschen mit sensorischen Einschränkungen geeignet sein.
[...] Visuelle Informationen müssen auch für sehbehinderte Menschen sichtbar und erkennbar sein. Gefahrenstellen und gefährliche Hindernisse sind für blinde und sehbehinderte Menschen zu sichern.
[...] Visuelle Informationen wie Wegweiser, Übersichtstafeln und Türschilder sind in Schriftgröße, Schriftart, Kontrast und Anbringungshöhen nach DIN 32975 zu gestalten.
Visuelle Informationen wie z.B. Wegweiser und Raumnummern sollten auch für sehbehinderte Menschen sichtbar und erkennbar sein. Die wichtigsten Einflussfaktoren auf das Sehen und Erkennen sind
Informationen dürfen durch Blendungen, Spiegelungen und Schattenbildungen nicht beeinträchtigt werden. Sie müssen hinsichtlich der Leuchtdichte zu ihrem Umfeld einen visuellen Kontrast aufweisen. Je höher der Leuchtdichtekontrast, desto besser ist die Erkennbarkeit. Hohe Kontrastwerte ergeben Schwarz-Weiß- bzw. Helldunkel-Kombinationen.
Die DIN 32975 fordert, Direktblendung durch Tageslicht oder Leuchten sowie Reflexblendung durch Spiegelung heller Flächen auf glänzenden Oberflächen zu vermeiden, um Personen mit erhöhter Blendempfindlichkeit nicht zusätzlich zu belasten. Die Augen versuchen sowohl auf die spiegelnde Fläche als auch auf das Spiegelbild zu fokussieren. Es kommt zu visueller Fehlbeanspruchung – auch bei nicht Seheingeschränkten.
Farbgestaltung ist eine sensible, subjektive, hinsichtlich visueller Barrierefreiheit aber auch eine berechenbare Angelegenheit. Der Brillux Objektservice unterstützt Sie gern:
persönliche Bestandsanalyse vor Ort – Aufnahme besonderer Gegebenheiten und Farbvorgaben und Gestaltungswünschen
Entwicklung der optimalen Farbgestaltung für Ihr Projekt mit Berücksichtigung der Forderungen aus den DIN 18040 und 32975
Anfertigung fotorealistischer 3DVisualisierungen
Beratung über den Einsatz von Brillux Produkten und Empfehlungen zum Beschichtungsaufbau
Immer für Sie da. In allen Projektphasen stellt Brillux Ihnen qualifizierte Technische Berater und Farbdesigner zur Seite, die Sie individuell und kompetent betreuen.